So schön kann klangvolles Gruseln sein
Die Musikgemeinde Osterode lädt zu einem Konzert mit dem Sinfonieorchester der TU Clausthal ein
Gruselig, mystisch, klanggewaltig und wohl auch spannender als jeder Thriller. So kann man den Samstagabend in der Osteroder Stadthalle bezeichnen, zu dem die Musikgemeinde Osterode eingeladen hatte. Zu Gast war das Sinfonieorchester der TU Clausthal unter der Leitung von Rainer Klugkist.
Hexen, Teufel und andere mystische Wesen standen auf dem Programm des Orchesters, das bewiesen hat, wie schön man sich musikalisch gruseln kann. Die neue erste Vorsitzende der Musikgemeinde, Claudia Leonhardt, begrüßte die zahlreichen Gäste im Zuschauerraum. Nur wenige Plätze blieben leer. Leonhardt drückte ihre Freude darüber aus, dass dieses Konzert, nachdem es wegen Corona schon zweimal verschoben werden musste, endlich stattfinden könne.
Aus: HarzKurier, Tageszeitung im Landkreis Göttingen, Ausgabe vom 07.02.2023; Text und Foto: Herma Niemann
Hexenparty statt heile Welt
Besonders beeindruckend war die Präsentation von Modest Mussorgskis „Eine Nacht auf dem kahlen Berge“, welches von Kritikern auch schon oft als „Soundtrack zum Gruseln“ betitelt wurde. Wie recht sie haben. Das Werk ist eine sinfonische Dichtung und beschreibt den Tanz der Hexen in der Johannisnacht vom 23. auf den 24. Juni. Wie Leonhardt schon in ihrer Begrüßung zu dem Stück sagte: „Hier handelt es sich nicht um eine glattgebügelte, heile Welt, sondern um eine Hexenparty.“
Mussorgski nutzt dafür viele verschiedene Motive, die eine Reihenfolge des sich steigernden Geschehens einhalten, von den leise säuselnden Geigen bis hin zu dem Nähern der dunklen Gestalten in Form von sehr bedrohlich klingenden Blechbläsern, die einen wirklich bis ins Mark erschaudern ließen, bis dann schlussendlich der Teufel persönlich erscheint.
Tanz der Toten um Mitternacht
Ebenso mystisch war der „Danse macabre“ von Camille Saint-Saëns. Hier tanzen die Toten im Nebel um Mitternacht. Auch in diesem Stück baut der Komponist eine düstere Spannung auf, die sich dann teilweise wieder in einer Art „trudelnder“ Klänge, aber mit den dazugehörigen Dissonanzen auflöst. So konnten mithilfe verschiedener Musikinstrumente Skelette und Teufel vor dem geistigen Auge des Zuhörers entstehen.
Das Gedicht handelt von zwei Liebenden, welche aufgrund der verschiedenen Gesellschaftsschichten ihre Liebe nicht öffentlich zeigen dürfen. Sie werden bei einem geheimen Treffen von dem beharrenden Geigenspielen des Todes unterbrochen.
Dargeboten wurde auch das Vorspiel und der Hexenritt aus der Oper „Hänsel und Gretel“ von Engelbert Humperdinck. Was mit einem ruhigen Schlaflied begann, endet dann wohl eher in einer Kissenschlacht mit Hexenritt, so Leonhardt. Die Grundidee zu dieser Oper stammt von Humperdincks Schwester Adelheid. Sie hatte für einen Geburtstag ihres Mannes Verse basierend auf dem Märchen der Gebrüder Grimm geschrieben, die sie mit ihren gemeinsamen Kindern aufführen wollte. Humperdinck vertonte diese und das Echo der ersten kleinen Aufführungen war sehr erfreulich. So wuchs dann dieses Werk zu einer vollständige Oper.
Mord wegen Lebkuchenrezepten
„Hänsel und Gretel“ wurde zwei Tage vor dem Weihnachtsfest 1893 in Weimar uraufgeführt. Im Übrigen soll dieses Märchen der Gebrüder Grimm auf einer wahren Begebenheit beruhen, nämlich den Mord an Katharina Schraderin, die 1647 im Hexenprozess zwar freigesprochen, aber kurz darauf von Hans und Grete Metzler in ihrem Haus im Spessart ermordet und in einem ihrer eigenen Backöfen verbrannt worden sein soll, nachdem sie ihre Lebkuchenrezepte nicht preisgeben wollte.
Wie Leonhardt humorvoll sagte, falle es zwar „hexentechnisch“ aus der Reihe, nichtsdestotrotz war die Präsentation von Franz Schuberts Sinfonie Nr. 6 C-Dur genauso eindrucksvoll.
Nach einem tosenden Applaus für die Musiker gab es noch eine Zugabe, nämlich „Wizards in Winter“. Das Programm wurde als Orchesterprojekt mit Studierenden und Mitarbeitern der TU Clausthal sowie Musikern aus der Region erarbeitet. Unterstützt wurden sie von den Dozenten Anna Godesberg, Eszter Vörös, Anette Zell und Bernd Götze sowie Rainer Klugkist, der die Gesamtleistung hat.